Vielseitigkeitsreiten

Vielseitigkeitsreiten

Festes Hindernis im Gelände

Die Vielseitigkeitsprüfung, international auch als Eventing bezeichnet, ist ein Teilbereich des Reitsports (Einzel und Mannschaftswettkämpfe), der früher Military genannt wurde. Eine Vielseitigkeit ist eine Kombinationssportart und besteht aus den den drei Teilprüfungen Dressur, Gelände und Springen. Aufgrund zahlreicher schwerer Unfälle und Todesfälle von Reitern und Pferden wird die Sportart vor allem von Tierschützern auf das Schärfste kritisiert, wobei sich die Vorsichtsmaßnahmen heute deutlich verbessert haben und in Folge dessen Todesfälle äußerst selten vorkommen.

Regeln in Kürze

Eine Vielseitigkeitsprüfung setzt sich aus den drei Disziplinen Dressur, Gelände und Springen zusammen. Hinzu kommt eine so genannte Verfassungsprüfung, bei der geprüft wird, ob das Pferd nach dem Geländeritt unverletzt ist, der Ruhepuls innerhalb einer begrenzten Frist wieder erreicht wird und keine Dehydrierung eingetreten ist. Bei großen internationalen Prüfungen gibt es noch zusätzlich eine erste Verfassungsprüfung, die vor der dem Teilbereich Dressur stattfindet. Besteht ein Pferd eine der beiden Verfassungsprüfungen nicht, ist es aus dem Wettbewerb ausgeschlossen.

Es werden Veranstaltungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden ausgeschrieben. Bei internationalen Prüfungen wird zwischen so genannten Kurzprüfungen (CIC) und Langprüfungen (CCI) unterschieden. Über eine Einteilung von einem bis vier Sternen wird die Schwierigkeit der gestellten Aufgaben bewertet. Weltweit gibt es 5 ****Geländestrecken: Badminton (England), Burghley (England), Kentucky (USA) und Adelaide (Australien). Seit 2005 ist auch Luhmuehlen (Deutschland) eine ****Geländestrecke und somit die einzige ****Geländestrecke auf dem europäischen Kontinent.

Der Unterschied zwischen Kurz- und Langprüfungen liegt zum einen in der Gestaltung des Geländeritts und zum anderen in der Gesamtdauer der Prüfung. Während bei einer Kurzprüfung der Geländeteil lediglich aus einer Wegestrecke und einem anschließenden Querfeldeinritt über feste Hindernisse besteht, muss bei der langen Variante zuvor noch eine weitere Wegestrecke und eine Rennbahn mit Rennbahnhindernissen absolviert werden. Langprüfungen finden an drei aufeinander folgenden Tagen statt, und zwar in der Reihenfolge Dressur am ersten, Gelände am zweiten, Verfassungsprüfung und abschließendes Springen am dritten Tag. Bei kurzen Prüfungen kann die Dauer auf zwei oder sogar einen Tag verkürzt sein und auch das Springen vor dem Geländeritt ausgetragen werden. Nach langen Diskussionen wurde inzwischen die Langprüfung abgeschafft, es gibt nur noch Kurzprüfungen. Die olympischen Spiele 2004 in Athen setzen mit ihrem Kurzformat ein Zeichen für die zukünftige Richtung des Sports um auf die Belastbarkeit der Pferde und Reiter mehr Acht zu nehmen, welches auch in Richtung mehr Sicherheit geht.

Die in der Vielseitigkeit gestellten Anforderungen in Dressur und Springen liegen unter denen der Spezialisten vergleichbarer Leistungsklassen. Dies berücksichtigt das andere Leistungsprofil, das an Vielseitigkeitspferde gestellt wird. So sind beispielsweise im Springparcours die Hindernisse nicht höher als 1,20 m und die Distanzen zwischen den Sprüngen weiter, da die Pferde für den Geländeritt auf einen größeren Galoppsprung trainiert werden müssen. Zudem ist bei festen Hindernissen die Berührung desselben kein Problem, während dies im Parcourspringen zu Abwürfen führt. Bei Prüfungen der höchsten Schwierigkeit in der Vielseitigkeit liegen sie auf dem Niveau mittlerer Dressur- und Springaufgaben der Spezialisten (Klasse M).

Bei den Geländehindernissen sind die reinen zu überwindenden Höhen und Weiten in ihren reinen Abmessungen und Flugkurven im Vergleich zum spezialisierten Springreiten eher gering, die Schwierigkeit ergibt sich aus der Optik (z.B. mächtige Baumstämme, Holzstapel und feste Holzwände, teilweise fast freischwebend) und der Einbindung in Geländeunebenheiten ( z.B. eine Wand von 1,20 m, die sich unmittelbar hinter einem 1 m tiefen Graben scheinbar über 2 m hoch erhebt, Landung im oder Absprung aus dem Wasser, Graben in einer Senke mit Sprüngen im unmittelbaren Umfeld (coffin) oder Landepunkt auf anderer Höhe als der Absprung). Teilweise werden auch besondere Anforderungen an den Gehorsam gestellt, wenn das Pferd über einen sehr schmalen Sprung muss, an dem es an einer oder beiden Seiten bequem vorbeilaufen könnte, ohne die Strecke zu verlassen. Manche Hindernisse weisen eine reizüberflutende Optik auf, wie z.B. Marktstände mit Obst und Blumen. In den letzten Jahren wird mit dem Einsatz von Hindernissen begonnen, deren Verbindungen bei einer bestimmten Belastung nachgeben oder manuell leicht demontierbar sind, um die Folgen schwerer Stürze zu begrenzen und ggf. die Rettung von gestürzten Reitern und Pferden erleichtern sollen. Üblich ist es bei schweren Strecken, den Reitern bei den besonders schwierigen Passagen 2 alternative Wege anzubieten, bei denen oft einer, der chicken way, technisch etwas geringere Anforderungen stellt, jedoch mehr Zeit zum Überwinden kostet, die an anderer Stelle wieder herausgeritten werden muss oder zu Strafpunkten führt. Dadurch kann der verantwortungsvolle Reiter seinen Weg an die individullen Eigenschaften und die Tagesform seines Pferdes anpassen und Schwächen möglicherweise mit besonderen Stärken an anderer Stelle kompensieren.

Die Gesamtwertung einer Vielseitigkeit erfolgt nach Fehlerpunkten. Das Dressurergebnis wird in einen Fehlerwert umgerechnet, wobei niedrigere Werte ein besseres Ergebnis bedeuten. Es wird in 15er Schritten gerechnet: 0 Fehlerpunkte entsprechen einer Dressurprüfung von 100 Prozent, 15 Fehlerpunkte 90 Prozent, 30 Fehlerpunkte 75 Prozent, usw. Die Weltbesten des Sports liegen oft mit ihren Dressurergebnissen bei unter 30 Fehlerpunkten. Hinzu kommen jeweils Hindernis- und Zeitfehler aus Gelände und Springen, wobei Hindernisfehler im Gelände mit 20 Fehlern und mehr (z.B. für gefährliches Reiten) angerechnet werden, im Springen jedoch nur mit 4. Ein Überschreiten der vorgegebenen Zeit beim Absolvieren der Geländestrecke führt zu Strafpunkten, ein Unterbieten jedoch nicht zu Pluspunkten, sondern lediglich zu erhöhter Ermüdung von Reiter und Pferd. Fehler oder auch Stürze zählen für die Wertung innerhalb definierter Zonen um Hindernispassagen der Geländestrecke, nicht jedoch außerhalb dieser.

Gewonnen hat das Paar, das nach absolvieren aller drei Teildisziplinen die geringste Fehlerpunktzahl erreicht hat. In der Verfassungsprüfung werden keine Fehlerpunkte vergeben, jedoch führt die Beanstandung der körperlichen Verfassung des Pferdes durch Verletzung oder Überforderung zum Ausschluss aus dem Wettbewerb.

Bei Championaten (Europameisterschaften, Weltreiterspiele sowie Olympische Spiele) dürfen pro Land bzw. NOK vier Paare starten. Die jeweils drei besten Einzelergebnisse werden wie in anderen Disziplinen als Mannschaftsergebnis gewertet.


Geschichte der Sportart

Die Vielseitigkeit ist, wie ihr alter Name sagt, eine "Erfindung" des Militärs und seiner damaligen Bedürfnisse. Sie entstand aus dem Ausbildungsprogramm der Kavallerie und stellte eine Art Abschlussprüfung für Reiter und Pferd nach erfolgter Ausbildung dar. Von besonderer Bedeutung war diese Leistungsprüfung auch für die Zuchtauswahl hinsichtlich der Zucht von Pferden für den militärischen Bedarf.

Olympische Geschichte

Bei der olympischen Premiere in Stockholm 1912 (auch mit Mannschaftswettbewerb) durften nur Offiziere teilnehmen, ab Antwerpen 1920 auch so genannte Herrenreiter. In Antwerpen gab es keine Dressur, dafür zwei Geländeritte über 20 Kilometer am ersten und 50 Kilometer am zweiten Tag. Frauen sind in die Mannschaften integriert und nahmen erstmals in Tokio 1964 teil.


Nachdem es beim Geländeritt in der Vergangenheit zu einigen Todesfällen und schweren Verletzungen von Reitern und Pferden kam, ist der Verbleib der Vielseitigkeit im Olympischen Programm gefährdet. Besonders bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney häuften sich schwere Unfälle, da die Cross Coutnry Strecke in ihrer Schwierigkeit so dimensioniert war, dass sie eine ernsthafte Herausforderung an die Weltspitze mit sichtbaren Ergebnisabständen war. Gleichzeitig starteten jedoch zahlreiche nicht zur Spitze gehörenden Paare, die für Fremdländer starteten und den Anforderungen verschiedentlich nicht gewachsen waren. Um dem entgegenzuwirken, hat man das Format bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 geändert, der Geländeteil war dort auf die reine Geländestrecke mit festen Hindernissen beschränkt und etwa fünf Kilometer lang. Es waren weder die Wegestrecken noch eine Rennbahn zu absolvieren. Dieser Modus verbreitet sich zunehmend auch bei nicht olympischen Spitzenwettbewerben und hat sich angesichts sinkender Unfallzahlen offenbar bewährt.


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